Blog

Carbonatisierungstiefe im Beton messen

Die DIN EN 206 geht von einer Nutzungsdauer für Betonbauteile von mindestens 50 Jahren aus. Eine Korrosion der Bewehrung im Stahlbeton durch CO2-Eintritt kann diese Nutzungsdauer verkürzen. Welche Eigenschaften ein Beton aufweisen muss um diese Carbonatisierung zu minimieren, untersucht die Holcim HüttenZement GmbH im Memmert Klimaschrank ICH C mit CO2-Regelung.

Carbonatisierung kurz erklärt

Beton und Bier haben erstaunlicherweise einiges gemeinsam: Beide bestehen nur aus wenigen Zutaten, für die Zubereitung existiert eine Fülle an Rezepturen und sowohl Beton als auch Bier altern, wenn sie Umwelteinflüssen ausgesetzt sind. Während beim Lieblingsgetränk der Deutschen vor allem Oxidationsprozesse für das Ende der Haltbarkeit verantwortlich sind, ist es bei Stahlbeton in vielen Fällen die witterungsbedingte Korrosion der Bewehrung. Als eine wesentliche Ursache wurde das Eindringen von Chloriden identifiziert. Der zweite Hauptangreifer, der Stahlbeton vorzeitig zum Sanierungsfall machen kann, ist CO2, das aus der Luft oder über CO2-haltiges Wasser in die äußeren Betonschichten eindringt. Ein chemischer Prozess, der in der Fachsprache als Carbonatisierung bezeichnet wird.

Beton wird in der Hauptsache aus Wasser, Gesteinskörnungen und Zement hergestellt. Zur Verbesserung der Verarbeitbarkeit oder der Dauerhaftigkeit werden oft auch Zusatzstoffe und/oder Zusatzmittel der Betonmischung beigefügt. Da Beton zwar extrem druckfest, aber nicht ausreichend zugfest ist, verstärkt man Beton meist mit Stahlkonstruktionen. Zu Beginn ist die vollständig von Beton umgebene Stahlbewehrung bestens vor Korrosion geschützt. Verantwortlich dafür ist das hoch alkalische, wasserlösliche Calciumhydroxid Ca(OH)2, das beim Aushärten des Betons durch die Reaktion von Calciumsilikaten mit Wasser entsteht. Der hohe pH-Wert des Wassers in den Zementsteinsporen sorgt für eine reaktionsträge Passivierungs-Schicht aus Eisenoxiden auf der Stahlbewehrung und verhindert so die Rostbildung. Wirken nun im Laufe der Zeit Feuchte und CO2 in Kombination auf das Bauwerk ein, wird das Calciumhydroxid in Calciumcarbonat (CaCO3) umgewandelt, woraufhin der pH-Wert sinkt und der Korrosionsschutz verloren geht. Die Tiefe der Carbonatisierungsfront ist abhängig von einer Reihe an Kriterien wie Feuchtegehalt, Porosität und Alter des Betons.

Expositionsklassen Beton geben Orientierung

In Europa gibt die DIN EN 206-1 vor, wie die Ausprägungen unterschiedlicher Umwelteinflüsse in so genannten Expositionsklassen Beton klassifiziert werden. Diese sind nicht exklusiv, auf ein Bauwerk können also mehrere Expositionsklassen zutreffen. Je Klasse sind in der Norm Grenzwerte unter anderem für Wasserzementwert, Mindestzementgehalt oder Luftgehalt des Betons vorgegeben, um die Dauerhaftigkeit des eingesetzten Betons für alle erdenklichen Anwendungsfälle sicherzustellen. Die Carbonatisierung des Betons ist in der Klasse XC zusammengefasst.

Im Rahmen der Überarbeitung der Norm EN 206 wird in der zuständigen Arbeitsgruppe des Europäischen Komitees für Normung derzeit ein neuer Ansatz diskutiert, um die Dauerhaftigkeit von Beton sicherzustellen: die Einordnung in Widerstandsklassen, bei der die Eindringgeschwindigkeit der Carbonatisierungsfront in den Beton zugrunde liegt. Erste  Versuche zur Einstufung verschiedener Betonsorten werden derzeit vielerorts in der Praxis durchgeführt – unter anderem bei der Holcim HüttenZement GmbH in Dortmund.

Die Ermittlung der Carbonatisierungstiefe

Wie in den meisten Branchen nähert man sich der Lebensdauervorhersage über die künstliche Alterung. Hierzu werden die Prüfkörper – Betonwürfel oder -balken – 28 Tage in Wasser gelagert. Anschließend trocknen sie unter Normalklima (20 °C, 65% rh) 14 Tage im Klimaschrank oder Klimaraum, bevor das Team um Laborleiterin Dr. Christine Eckhardt sie für 70 Tage bei 20 ℃, 55 % rh und 3 % CO2 im Memmert Konstantklimaschrank ICH750C lagert. Nach 56, 63 und 70 Tagen wird die Carbonatisierungstiefe gemessen.

Dafür wird der Prüfkörper gespalten und die Prüffläche mit einem Indikator besprüht. Im hoch basischen pH-Bereich färbt sich die Fläche rot-violett (siehe Abbildung), es ist also ausreichender Korrosionsschutz gegeben, im Eindringbereich des CO2 bleibt die Fläche farblos. Die Messung der Carbonatisierungstiefe erfolgt mit einer klassischen Schieblehre.

Flexibler, mobile Klimaraum: Memmert Klimaschrank ICH

Der Memmert Klimaschrank ICH C, in dem die Betonwürfel im Konstantklima mit CO2 begast werden, ist mit Teleskopauszügen und verstärkten Edelstahl-Gitterrosten ausgestattet, um das Maximum aus den verfügbaren 749 Litern Innenraumvolumen herauszuholen. Rund 50 Kilogramm Gewicht liegen auf einem Rost, jeder Prüfkörper wiegt alleine 12 Kilogramm. Frau Dr. Eckhardt schätzt besonders die Flexibilität ihres Klimaschranks. „Der ICH ist quasi semi-mobil einsetzbar, denn er kann problemlos von einem Raum in den anderen umgesetzt werden. Er besitzt eine eigene Klimaeinheit, die CO2-Zufuhr ist separat zuschaltbar, ich brauche also keine riesige Klimakammer bzw. muss nicht den gesamten Raum klimatisieren, um meine Versuche zur Carbonatisierung durchzuführen.“

AtmoSAFE bedankt sich bei der Holcim HüttenZement GmbH in Dortmund, insbesondere bei Frau Dr. Christine Eckhardt, für die freundliche Unterstützung bei der Erstellung dieses Artikels.