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Der ideale Brutschrank für die Zellkultur

Was muss er können, der ideale Brutschrank für die Zellkultur? Memmert hat mit dem Leiter des in vitro Instituts für Molekularbiologie, Prof. Dr. Gerhard Unteregger, über die Anforderungen an einen CO2-Brutschrank gesprochen.

Memmert: Herr Professor Unteregger, wir fallen gleich mit der Tür ins Haus. Was sind die wesentlichen Qualitätsanforderungen an einen Brutschrank für die Zellkultur?

Gerhard Unteregger: Nun, da sind vor allem eine gleichmäßige und hohe Luftfeuchte – idealerweise mindestens 95 % - sowie schnelle Erholzeiten nach dem Öffnen der Tür zu nennen. Das wichtigste Kriterium ist jedoch die kontinuierliche CO2-Versorgung im Brutschrank, da ja die allermeisten Kulturen mit einem CO2/HCO3-Puffersystem gefahren werden. Fällt die CO2-Versorung auch nur für kurze Zeit aus, rutscht der pH-Wert im Kulturmedium sehr schnell ins Alkalische.

 

Memmert: Was bedeutet „alkalisch“ im Zusammenhang mit der Zellkultur?

Gerhard Unteregger: Der pH-Wert im Kulturmedium wird über die CO2-Zufuhr konstant und in der Regel im neutralen Bereich gehalten. Schon die kleinste Übersäuerung, durch Stoffwechselprodukte der Zelle, kann zu einer starken Beeinträchtigung der Zellvitalität und zu irreversiblen Funktionsverlusten führen, die Alkalisierung des Mediums wiederum führt meist zum sofortigen Absterben der Zellen. Der Anwender soll also möglichst wenig die Tür des Brutschranks öffnen und vor dem Wochenende sicherstellen, dass genügend CO2 in der Flasche ist. Auch eine automatische CO2-Gasflaschenumschaltung hat sich in der Praxis als äußerst hilfreich erwiesen.

 

Memmert: Sie erwähnten vorhin die Luftfeuchte im Brutschrank. Was müssen Anwender hier beachten?

Gerhard Unteregger: Da die Zellkulturen in der Regel in einem offenen System kultiviert werden, steht das Kulturmedium im Gleichgewicht mit der Umgebungsluft. Ist dort die Luftfeuchtigkeit länger unter den 95 %, verdunstet vermehrt Wasser aus dem Zellkulturmedium und dann geht das osmotische Gleichgewicht in der Zelle verloren. Nebenbei bemerkt, auch ein unebener Stand der Gefäße kann dazu führen, dass ein Teil der Kultur sozusagen auf dem Trockenen sitzt. Üblicherweise geschieht die Befeuchtung der Kulturen über eine Wasserschale am Boden des Brutschranks. Mit einer aktiven, das heißt, regelbaren Befeuchtung lässt sich die Luftfeuchte am präzisesten steuern, zumal man hier auch die Gefahr der Probenkontamination durch das Wasser in der Bodenschale ausschließt und die Feuchte sich nach dem Öffnen der Tür schneller erholt.

 

Memmert: Kontamination ist ein wichtiges Stichwort für die Anwender.

Gerhard Unteregger: Stimmt. In dem Bereich gibt es viele Ängste – berechtigt und unberechtigt – denn wenn eine Probe kontaminiert ist, geht unter Umständen viel Zeit und auch Geld verloren. Ich habe dazu eine ganz klare Einstellung: Kontamination gehört grundsätzlich nicht ins Labor und damit auch nicht in den Brutschrank. Und wenn es doch einmal der Fall ist, dann ist vorher schon etwas schief gegangen. Bei einer  kompromisslosen Berücksichtigung der „Guten Zellkulturpraxis“ gibt es diese Probleme nicht!

 

Memmert: Können Sie uns ein Beispiel nennen, wie es zur Kontamination kommen kann?

Gerhard Unteregger: Auf Ihrer Kopfhaut tummeln sich pro Quadratzentimeter mehr als 1 Million Keime. Wenn Sie sich nun unbewusst während Ihrer Tätigkeit an der Clean Bench am Kopf kratzen, sind Ihre Hände – auch wenn Sie Handschuhe tragen – kontaminiert und es besteht die große Gefahr, diese Keime dann auf die Kulturen oder steriles Werkzeug zu übertragen: damit ist die Kontamination schon vorprogrammiert!. Es gibt eine Vielzahl an Kontaminationsursachen, auf die wir in unseren Seminaren dezidiert eingehen und Sie wären erstaunt, welche Routinefehler sich selbst bei alten Laborhasen einschleichen können.

 

Memmert: Wie stehen Sie zum Thema Kupfer als antibakterielles Material im Brutschrank?

Gerhard Unteregger: Ich denke, wenn man sauber arbeitet, dann braucht man das nicht. Außerdem herrscht in der Praxis oft die Meinung, ein Kupferbrutschrank müsste nicht so oft gereinigt werden wie ein Brutschrank aus Edelstahl. Das stimmt natürlich nicht, auch auf Kupferoberflächen können sich Keime ansiedeln. Wichtig ist, dass die Oberfläche möglichst glatt ist und dass alle Teile im Innenraum herausnehmbar sind.

 

Memmert: Herr Professor Unteregger, noch eine letzte Frage zum Abschluss. Sie gehören zu den internationalen Experten, die eine „good cell culture practice“ fordern. Können Sie uns kurz beschreiben, was das in der Praxis bedeutet?

Gerhard Unteregger: Zellen sind in vitro ungemein sensibel und reagieren auf unterschiedliche Bedingungen mit Instabilität und veränderter Vitalität. Um Messergebnisse vergleichbar zu halten ist eine größtmögliche Standardisierung notwendig und daraus ergibt sich  zwangsläufig das Arbeiten ausschließlich nach SOP (Anm. der Red.: Standard Operating Procedure). Die Hersteller wiederum sind bei der Entwicklung serumfreier Medien, der Bereitstellung definierter Umgebungen ohne Veränderungen von pH-Werten oder Luftfeuchte sowie der Entwicklung optischer, nicht-invasiver Kontroll- und Zellzählgeräte gefordert.

 

Memmert: Herr Professor Unteregger, wir danken Ihnen für das Gespräch.

 

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