Kann ein betriebliches Energiemanagement diesen vielen Schweinehunden Beine machen? Wie wichtig sind energieeffiziente Laborgeräte für das Energiesparen? AtmoSAFE wirft einen Blick auf die Energiesparaktivitäten der Freien Universität Berlin und sucht dort nach Antworten.
„Die kleinste Bewegung ist für die ganze Natur von Bedeutung; das ganze Meer verändert sich, wenn ein Stein hineingeworfen wird“, schrieb der berühmte Mathematiker, Physiker und Philosoph Blaise Pascal in seinen Gedanken. Gerne wird dieses Zitat auch heute noch von Umweltorganisationen verwendet, um die Bedeutung jedes einzelnen Menschen für den Klimaschutz hervorzuheben. Vermutlich hätte sich aber gerade der Vater der Wahrscheinlichkeitsrechnung, der sich Zeit seines Lebens sowohl der unendlichen Komplexität des Universums als auch der Unberechenbarkeit menschlichen Handelns bewusst war, Zweifel daran gehegt, ob Programme zum Energiesparen und Maßnahmenkataloge ausreichen, diese große Herausforderung der Menschheit zu bewältigen. Andreas Wanke leitet an der Freien Universität Berlin den Arbeitsbereich Energie und Umwelt und beobachtet dort sozusagen eine nicht repräsentative Stichprobe von mehr als 31.000 Studierenden, verteilt auf rund 200 Institutsgebäude.
„Wer sparen will, muss investieren.“ So lautet Andreas Wankes wichtigste Erkenntnis aus sieben Jahren Umweltmanagement. Denn nicht nur energiesparendes Verhalten ist wesentlich, sondern auch die energetische Optimierung der technischen Infrastruktur. Dazu gehören unter anderem energieeffiziente Beheizung, Lüftung und Klimatisierung, die Umstellung auf erdgasbasierte Brennwerttechnik, die Beseitigung energetischer Schwachstellen an der Gebäudehülle sowie die Optimierung der Betriebsorganisation beispielsweise durch Anpassung von Betriebszeiten an den Bedarf oder regelmäßige Wartung. Nahezu 90% der Heizungsanlagen wurden mittlerweile seit Einführung des Energiemanagements modernisiert, und zusammen mit den anderen Energieeffizienzmaßnahmen wie z.B. einer verbesserten Dämmung erzielten diese Investitionen einen beachtlichen Erfolg für den Klimaschutz (Stand Februar 2009): Der Wärmeeinsatz wurde um 28% gesenkt, der Stromverbrauch um 10%. Dies entspricht einer Energiekostenentlastung von jährlich 2,4 Mio. € (gerechnet mit den Tarifen 2008) und einer Verminderung der CO2-Emissionen um mehr als 8.700 Tonnen pro Jahr.
Am Beispiel des Laborbetriebs erläutert Andreas Wanke die Herausforderung. „Den Stein der Weisen zum Energiesparen gibt es nicht, am Ende ergeben viele kleine Steine ein Mosaik. Aus unserer Sicht ist ein möglichst bedarfsgerechter Betrieb der Labore mit einer speziell angepassten Regelungstechnik entscheidend.“ Im Klartext also: Lüftung und Klimaanlage aus, wenn niemand im Raum ist bzw. die Luftqualität ausreichend gut ist, Licht dimmen, wenn das Außenlicht ausreicht, Heizung mit steigenden Außentemperaturen herunterfahren und außerhalb der Betriebszeiten auf das Minimum regeln. Auch die Auswahl energieeffizienter EDV- und Laborgeräte kann wesentlich zur Energieverbrauchssenkung beitragen.
„Egon, mach das Licht aus!“ Wenn schon in einer Familie persönliche Appelle zu Energiesparen und Klimaschutz nur bedingt funktionieren, sind sie in einer Institution mit Tausenden von Mitarbeitern und Studierenden beinahe unmöglich an den Mann und die Frau zu bringen. Laut Andreas Wanke verhindern offen stehende oder gekippte Fenster, außerhalb der Arbeitszeiten durchlaufende Rechner, energiefressende Geräte oder auch unnötig beheizte, belüftete und beleuchtete Räume leider allzu oft, dass an der Freien Universität Berlin trotz aller Modernisierungsmaßnahmen das zusätzliche Einsparpotenzial von geschätzten 1 Mio. € freigesetzt wird. Wie also zu mehr Umwelt- und Kostenbewusstsein motivieren? Im Jahr 2007 beschloss das Präsidium der Freien Universität Berlin die Einführung eines Prämiensystems zur Energieeinsparung, mit dem erstmals finanziell belohnt wurde, wenn der Energieverbrauch eines Fachbereichs unter eine vorher gezogene Baseline sank. 50% der jährlichen Kostensenkungen wurden rückerstattet, bei Überschreiten der Baseline hingegen mussten die Mehrverbräuche gänzlich von den Instituten und Fachbereichen getragen werden.
Andreas Wanke zieht eine erste Bilanz: „Es sind bereits nennenswerte Erfolge erzielt worden. Hatten 2007 noch drei Fachbereiche einen Mehrverbrauch ausgewiesen, also Zuzahlungen zu leisten, so war die Bilanz im letzten Jahr nahezu makellos. Alle Fachbereiche erhielten Prämien, konnten also ihren Energieverbrauch gegenüber der Baseline reduzieren. Es fehlt jedoch noch an der Durchgängigkeit und Konsequenz und auch der Koordinations- und Kommunikationsaufwand ist nicht unerheblich.“ Blaise Pascal hätte dies vielleicht mit den Worten kommentiert, dass alle guten Grundsätze in der Welt schon vorhanden seien, man brauche sie nur anzuwenden.